Fast bei jedem Spaziergang in und um die Dörfer im Cilento kann man in den Gärten Feigenbäume sehen. Eine hellgraue Rinde und große,samtige und stark ausgelappte dunkelgrüne Blätter sind ihr Markenzeichen. Und besonders auffällig ist die Wuchsform. Meist ist die Feige nicht sehr hoch und hat weit nach der Seite auslaufende Zweige, auf denen die Blätter in gebührendem Abstand wechselseitig angeordnet sind.Im Cilento erfährt die Feige weniger Beachtung als etwa die Olive. Aber im Sommer wird sie zum Gesprächsstoff, wenn die ersten gelbgrünen Feigen reif werden. Dann trägt man seinen hübschesten Teller mit morgendlich gepflückten Feigen beladen und sorglich in durchsichtige Folie verpackt zu denen, die man gerne mag. Und kein Cilentaner würde auf frischgepflückte Feigen verzichten, denn es gehört zur Tradition: In den ärmeren Zeiten der Vergangenheit waren Feigen und Nüsse, frisch oder getrocknet, das Vesperbrot zur Mittagspause, das man in der Sommerhitze als Hirte oder bei der Traubenernte zu sich nahm. Wer übrigens seine Feigen trocknen will, muß beachten, dass das tagsüber wegen der anderen Interessenten ( Wespen, Hornissen, Ameisen ) unmöglich ist. Dafür stellt man sie nachts auf einem flachen Sieb hinaus. Die Temperatur reicht zum Trocknen in dieser Gegend aus. |
Feigenbäume selbst erreichen kein hohes Alter, aber die Gattung Feige dagegen gehört zu den voreiszeitlichen Bäumen, sie entstand lange vor dem Eintritt des Menschen in die Geschichte. Als Kulturform begleitete sie schon die Assyrer im Zweistromland zwischen Euphrat und Tigris, die Griechen schätzten die süssen Früchte und so mögen sie mit den Phokäern oder den Sybariten ins Cilento gekommen sein. Mittelalterliche Schriften bestätigen einen regen Handel mit Feigen im Cilento. Seeleute nahmen getrocknete Feigen als Proviant für große Fahrten an Bord. Ihr Überleben in rauhen Zeiten haben zwei Eigenschaften befördert:
Einmal kann die Feige Fröste bis etwa - 10°C überstehen und zum anderen ist sie sehr vermehrungsfreudig, sowohl über Samen als auch über Stecklinge.
Die weiße Feige des Cilento liefert Jahr für Jahr 30% der italienischen Gesamternte und ist damit im Cilento schon ein wirtschaftlicher Faktor, vor allem weil die Früchte zu Süßigkeiten verarbeitet werden. Die cilentanische weiße Feige ist bei der Europäischen Gemeinschaft als Sorte fico dottato eingetragen.
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Die Feige gehört zur Familie der Maulbeergewächse. Sie ist im subtropischen Gebieten zuhause und wird dort seit alters aus wirtschaftlichen Gründen kultiviert.
Aufgrund ihrer langen Erdgeschichte hat die Feige ( ficus ) mit über 1000 Arten weltweit die Natur bereichert. Früchtetragend ist aber nur Ficus carica, die es aber in vielen verschiedenen örtlichen Auprägungen gibt. So bringt die Cilentanische Feige schöne grosse gelbgrüne Früchte, während die Neapolitanische Feige blaue Früchte hat.
Der Name Frucht für die Feige ist biologisch nicht richtig. Die Feige ist eigentlich der Blütenstand und das, was wir als Fruchtfleisch gern essen, ist Gewebe, das die winzigen Blüten einschließt. Die beim Essen spürbaren sandartigen Kernchen sind die eigentlichen Früchte. Die Kulturfeige ist zweihäusig,d.h. es gibt männliche und weibliche Feigenbäume. Die meisten der gepflanzten Feigen sind daher weiblich und bilden unbefruchtete Früchte. Wer grosse Feigen will, muss sie befruchten lassen. Man nehme einen Zweig einer männliche Blüten tragenden Feige ( Bocksfeige ) und hängt diesen zu den weiblichen Feigenbäumen. In der Blüte ( männlich ) sitzt ein Parasit, eine Feigenwespe. Diese Feigenwespe wechselt rasch zu den weiblichen Feigen. Dort kann sie aber keine Eier ablegen, da die weibliche Feigenblüten zu groß für sie sind. Also probiert es die Feigenwespe bei der nächsten weiblichen Feige mit dem gleichen Mißerfolg. Dass sie dabei die Feige befruchtet, ist der Erfolg für den Menschen. Die Feige ist mit wenig Pflege, mit wenig Wasser und auch mit ärmerem Boden zufrieden.
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